Hammel Allahs!
12.12.2017 Robert

Hammel Allahs!

Nach jahrzehntelanger Mitarbeit bei einer politisch nicht immer ganz korrekten Zeitung, deren Ansehen in der vornehmlich linksliberalen High Society eher überschaubar ist, genieße ich nunmehr das Leben als anständiger Schriftsteller in vollen Zügen: Ich bin plötzlich kein Verstoßener mehr, sondern gehöre dazu. Und dabei sein ist alles für mich – ich kann meine Vergangenheit als Olympia-Berichterstatter einfach nicht leugnen.

Um aber nicht das Schicksal unseres ewigen Sporthelden Karl Schranz zu teilen, der von den Winterspielen 1972 in Sapporo wegen des Verstoßes gegen die Amateur-Bestimmungen ausgeschlossen wurde, benehme ich mich äußerst professionell: Ich verzichte sogar, um Mitbürger islamischer Konfession nicht unnötig zu provozieren, auf die traditionellen Weihnachtsgrüße – die könnten ja auf einem Wintermarkt, weiland Christkindlmarkt, mithören, wenn ich Freunden an einem der zahlreichen Stände fröhliche Festtage wünsche und sich dadurch in ihrer beruflichen und sozialen Weiterentwicklung behindert fühlen. Das darf in einer aufgeklärten Gesellschaft des 21. Jahrhunderts keinesfalls passieren! Also verwende ich nur noch zehn verschiedene Codes, die durchaus von Herzen kommen, und von den Lieben in meinem Leben auch genauso empfunden werden. Man vermag schließlich die Seelen anderer mit wärmenden Worten zu berühren, ohne gleich direkt und rücksichtslos  an den schreienden Fratz in der Krippe zu erinnern:

  1. (klingt besonders in Versform stimmungsvoll) Die Zeit ist reif für Winterreifen!
  2. (für Umweltschützer nur bedingt verwendbar) Gehen wir Tannenbäume roden!
  3. Lass uns morgen eislaufen (ein Insider-Tipp: also quasi über gefrorenes Wasser wandeln, diese Andeutung kapieren die Moslems nie)!
  4. (euphorisch) Du liebe Güte, du hast ja im Dezember schon mindestens fünf Kilogramm zugenommen!
  5. Gib dir die Kugel (vor allem bei radikalen Moslems, die mithören, immer ein Brüller)!
  6. (für den musikalischen Gutmenschen) Pa rum pa pum pum, pa ram pa ram(a)dan!
  7. Schönen Kaufrausch (Die politische Korrektheit dieses Wunsches kann beim Trinken eines alkoholfreien Kinderpunsches sogar noch verdoppelt werden)!
  8. Jessas Maria und Josef (Achtung: könnte allerdings von einem strenggläubigen Salafisten fälschlicherweise als unverfrorene Anspielung an das Christentum verstanden werden)!
  9. Fuchs, du hast die Gans gestohlen (also kein Schwein)!
  10. (Besinnlich, aber nichts für Veganer) Hammel Allahs (statt des provokanten Lamm Gottes, das die Sünden der Welt hinwegnimmt)!

So komme ich als liberaler Weltbürger vor allem in meiner überaus fortschrittlichen Wohngegend vorurteilsfrei, tolerant, multikulturell und überaus weltoffen durch die Weihnachtszeit, ohne die religiösen Gefühle nichtchristlicher Volksgruppen zu verletzten – ich bin also politisch und gesellschaftlich absolut korrekt, niemand kann mir da etwas vorwerfen.

Aber gerade, als ich mir ordentliche Pläne fürs kommende Osterfest ohne Hasen zurechtlegte (um nicht die ziemlich resolute, österreichische Frauenbewegung wegen der antifeministischen Wortwahl gegen mich aufzubringen), lief mir auf der Straße mein Freund Mahmoud entgegen: Der gebürtige Iraner, Besitzer eines schmucken Fischrestaurants in der Wiener Innenstadt, hetzte gerade mit einem zirka zwei Meter großen Tannenbaum in der linken Hand, einer Menge Geschenkpäckchen unter dem rechten Arm und einem „Stille Nacht, heilige Nacht“ auf den Lippen nach Hause. „Der Stress zu Weihnachten“, schnaubte er verbissen, „bringt uns alle um. Gerade hat mich meine Frau angerufen, dass ich auch noch sechs Flaschen Weißwein für den Heiligen Abend holen muss. Unsere ganze Familie kommt nämlich auf Besuch. Ich freue mich sehr. Schönes Fest, mein Lieber und bis bald!“

Was ist das für eine Welt, in der sogar Moslems gegen die zehn Gebote des Anstands verstoßen? Ihr  werdet schon sehen: Jetzt pfeife auch ich darauf und suche zu Ostern ganz verspielt die versteckten Eier – die Emanzen können mich mal! Und zwar kreuzweise!