Frauenheld

Frauenheld
13.09.2017 Robert

„Ludmilla hat es mir besonders angetan: Sie hat tschechische Wurzeln, lebt aber in Vancouver und…“

 

Jawohl, ich bin ein Frauenheld – aber das war nicht immer so: In der Schule hatte ich Plastik-Kotze auf Mädchen werfen müssen, dass sie zumindest ein paar Sekunden Notiz von mir nehmen. In späteren Jahren lud ich sie zum Essen ein, dann heiratete ich – aber jetzt geht alles viel schneller: Täglich bekomme ich gut und gerne zehn Angebote von den heißesten Damen rund um den Globus, die mir die Chance geben, Anteil an ihrem bewegten Leben und ihren bewegenden Körpern zu nehmen. Und damit mich der Seelen-Strip auch tatsächlich berührt, werden ungefragt eine Fülle hüllenloser Fotos mitgeschickt.

Facebook macht mich zum begehrtesten Mann der Welt!

Ludmilla hat es mir besonders angetan: Sie hat tschechische Wurzeln, lebt aber in Vancouver und schrieb mir in gebrochenem Englisch, dass ihr Großvater bei der Niederschlagung des Prager  Frühlings 1968 ums Leben gekommen war. Diese historische Reminiszenz unterstrich sie recht eindrucksvoll mit einem Bild ihres pflaumenförmigen Hinterteils und  dem verlockenden Angebot,  jederzeit hineinbeißen zu dürfen. Dafür müsste die rassige Schwarzhaarige aber einigermaßen fit bleiben, wozu zwei Kilogramm Obst täglich von Nöten wäre – Ludmilla fehle aber das Geld für derartige Investitionen, weil, Sie wissen schon, der Opa damals von der Roten Armee gemeuchelt worden wäre und sich die Familie von dieser Tragödie nie wieder erholt hätte. Vor allem finanziell. Wer mein Facebook-Profil kennt, der weiß natürlich, wie sehr ich geschichtlich interessiert bin: Die 2000 Euro, die ich auf ein Konto einer kleinen, aber durchaus renommierten Bank auf den Jungfern-Inseln überwiesen habe, sind quasi Studiengebühren für mich. Bald werde ich den Pfirsich in Händen halten!

Wobei Ludmilla, die in ihrer rasenden Liebe zu mir und mit ihrem slawischen Temperament recht eifersüchtig sein dürfte, zum Glück nichts von Grace weiß. Mit der in der texanischen Kleinstadt Plum Grove lebenden Sexbombe verbindet mich nämlich eine herzhafte Gemeinsamkeit, die unsere erotische Anziehung über Tausende Meilen hinweg in geradezu ekstatische Sphären treibt: Wir sind beide Fans des deutschen Fußballballklubs FC Bayern München. Solch ein Zufall, nein, solch eine Bestimmung! Irgendwo  in einer völlig unbekannten amerikanischen 1000-Seelen-Gemeinde lebt eine unschuldige Blondine, die den selben Vorlieben frönt wie ich – sie schlug, von der Hand des Schicksals geführt, meine Facebook-Seite auf, sah, dass sich fast jeder zweite Eintrag über diesen Verein dreht und sandte mir sofort ein Foto von ihr in sexy Lederhosen. Wobei die Träger viel Luft für ihre riesigen Brüste ließen: herzhaft eben, wie gesagt! Ich überwies 4000 Euro auf das Konto ihres Onkels Liam auf Anguilla, damit sie sich einen Business-Class-Flug nach München sowie ein Ticket in der Sponsoren-Lounge in der Allianz Arena leisten könne – die Arbeitsmarkt-Situation in Texas ist ja gerade für Frauen denkbar schlecht, und Grace hat vor kurzem ihren Job als Kassiererin in einem Supermarkt verloren. Nächste Woche sehen wir uns bei einem Bundesligaspiel – da soll noch einer sagen, Männer denken nur mit ihrem Penis!

Wobei ich schön langsam unter Zeitdruck komme – seit neuestem stehen nämlich auch die Chinesinnen auf mich!  Wer glaubt, das Internet wäre in dieser Volksrepublik nicht frei, hat keine Ahnung von der Marktwirtschaft: Bo, Hao und Ning aus Peking, Qingdao und Schanghai kennen einander überhaupt nicht, schließlich sind sie in verschiedenen Städten aufgewachsen, sehen aber irgendwie wie Drillinge aus, und zwar bis zum letzten Muttermal auf ihren makellosen Asia-Bodys. Der Einfachheit aber haben sie alle dieselbe Kontonummer, das ist in ihrem Land so üblich. Schreiben sie mir. Und die offenherzigen Bilder, die sie mitschickten, beweisen eindeutig, dass sie sich wie ich für Enthüllungs-Journalismus interessieren – die 10.000 Euro, die ich gestern auf das Konto der Kommunistischen Partei Chinas überwiesen habe, kann ich sicher als Stipendium für ausländische Kolleginnen beim österreichischen Fiskus geltend machen. In einem Monat treffen wir uns beim Volkskongress in der Hauptstadt, dort, haben sie mir versprochen, sollen dann wirklich alle Hüllen fallen. Die nackte Wahrheit ist mir eben wichtig.

Dafür nehme ich sogar meinen eigenen Privatkonkurs in Kauf – ich habe nicht einmal mehr genug Geld für Plastik-Kotze!